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Ein Einblick in meine Behandlungsweise von Babys und Kleinkindern


Dieser Text soll Ihnen helfen, sich eine genauere Vorstellung davon zu machen, was während einer Craniosacral Behandlung mit Ihrem Baby/Kind in meiner Praxis geschieht.

Bei der Arbeit mit Babys und ihren Müttern bzw. Eltern bildet, nach meiner Ansicht, die Begegnung die wichtigste Grundlage für den therapeutischen Erfolg. Wenn dem Begegnen genügend Zeit eingeräumt werden kann und es in einem ruhigen, respektvollen Rahmen geschieht, entsteht eine wichtige Vertrauensbasis für die weitere Arbeit.

Wie zentral die Begegnung für den therapeutischen Erfolg ist, möchte ich Ihnen am folgenden Beispiel aufzeigen. Es handelt sich um Auszüge aus meinem Essay für das Gleichwertigkeitsverfahren Branchenzertifikat KomplementärTherapeutin OdA KT.


Ankommen und Einrichten

Die Mutter und ihr 3 Wochen altes Baby sind in meinem Behandlungsraum angekommen. Als Grund für die Anmeldung sagte mir die Mutter am Telefon, dass ihr Baby häufig sehr verkrampft und unruhig sei. Auch weine es sehr viel und lasse sich dann von ihr kaum beruhigen.

Der Maxicosi mit dem Baby steht auf der Behandlungsliege. Die Mutter und ich sind beim Kind. Während die Mutter und das Baby sich die Zeit nehmen dürfen, sich im Raum zu orientieren und anzukommen, nehme ich wahr, wie die beiden auf mich wirken.

Die Mutter wirkt auf mich bedrückt und angespannt, auch etwas müde. Das Baby hat Arme und Beine stark angespannt, seine Bewegungen wirken unruhig und auch sonst scheint es sich unwohl zu fühlen. Mutter und Baby sind sich liebevoll zugewandt und geben sich eine zarte Berührung an den Händen.

Ich frage mich: Spreche ich die Anspannung und diese Bedrückung an oder spreche ich die zarte Berührung der beiden an? Wende ich mich dem Baby zu oder geht meine Aufmerksamkeit zur Mutter? Ich überlege mir, ist diese zarte Berührung eine Ressource für die Beiden oder ist es eher ein Ausdruck des sich Festhaltens, um den anderen nicht zu verlieren?

Ich merke, wie ich mich von diesem Bild tief berührt fühle. Diese zarte Kraft der Verbundenheit der beiden und gleichzeitig diese grosse Unsicherheit und Verletzlichkeit lösen in mir das Bedürfnis aus, zu trösten, zu helfen und diese Müdigkeit wegzunehmen. Mit einem bewussten Atemzug nehme ich mich innerlich etwas zurück, damit mehr Raum entstehen kann für das Thema, welches die beiden zu mir geführt hat.

Das Bedürfnis in mir, helfen und trösten zu wollen, ist zwischenmenschlich betrachtet eine wunderbare Geste. Es zeigt mir aber auch auf, dass ich mich wieder auf meine Professionalität als Therapeutin besinnen muss. Der bewusste Atemzug hilft mir, mich neu in meinem Körper zu verankern und mich dadurch mit meinen Ressourcen zu verbinden. Somit kann ich wieder eine gesunde Distanz zu meiner Wahrnehmung erhalten und diese von neuem überprüfen. So wird es mir möglich, diese zu reflektieren und den nächsten Behandlungsschritt einzuleiten.

Erneut wende ich mich der Mutter und dem Baby zu und evaluiere, wie ich die Situation jetzt wahrnehme. Dabei entsteht bei mir der Eindruck, dass diese zarte Berührung für das Baby sehr beruhigend ist.

Deshalb entscheide ich mich, diese zarte Berührung bei der Mutter anzusprechen. Ich nehme mit beiden einen kurzen Blickkontakt auf und frage die Mutter, wie sie die Handberührung mit dem Baby wahrnimmt. Sie reagiert etwas erstaunt und sagt, dass sie diese gar nicht wahrgenommen habe. Dadurch, dass ich die Mutter auf diese Berührung aufmerksam gemacht habe, konnte ich sie in Kontakt mit ihrer Selbstwahrnehmung bringen.

Ich frage nach, wie es sich anfühlt, bewusst mit ihrem Baby in Kontakt zu sein. Sie nimmt einen tiefen Atemzug, ihr Körper richtet sich auf, sie lächelt und antwortet: schön. Dabei richtet sich ihr Körper noch mehr auf und der Schultergürtel senkt sich. Ich frage nach, ob sie in ihrem Körper eine Veränderung wahrnehmen könne, jetzt da sie den Kontakt mit ihrem Baby wirklich spüre. Ihre Selbstwahrnehmung wurde vertieft, sowohl in Bezug auf den Kontakt mit dem Baby aber auch, für ihr eigenes Körperempfinden.

Sie beschreibt mir, dass sich ihr Brustkorb weiter und freier anfühle, es sei ihr, als ob jemand eine Last von ihrer Schulter genommen habe. Ich gebe ihr Zeit, damit sich dieses neue Körpergefühl in ihr integrieren kann.

Ich wende mich dem Baby zu, es liegt lächelnd im Maxicosi, den Blick auf die Mutter gerichtet, seine Arme und Beine sind inzwischen entspannter. Bewusst nehme ich mich etwas zurück, um dem was gerade zwischen Mutter und Baby geschieht mehr Raum und Zeit zu geben. Dabei gebe ich den beiden Raum und Zeit, diese neue Erfahrung des in Kontakt sein miteinander zu erfahren und zu integrieren.





Nun biete ich der Mutter an, sich ihrem Baby zuzuwenden und mir zu beschreiben, wie sie es in diesem Moment wahrnimmt. Ihre Antwort lautet: sein Händchen entspannt sich. Die Mutter nimmt mit dem Baby Blickkontakt auf und sagt: es lächelt mir zu. Ich frage nach, wie das für sie jetzt im Moment ist, gleichzeitig den Körper- und Blickkontakt zu ihrem Baby zu haben. Sie antwortet, dass sie eine tiefe Entspannung in ihrem Brustkorbbereich spüre, als ob ihr Herz sich öffnen würde.

Die Mutter nimmt einen tiefen Atemzug, das Baby macht es ihr gleich. Ich gebe den beiden Zeit, diese Begegnung auszukosten. Mit diesem tiefen Atemzug hat bei beiden eine Selbstregulierung stattgefunden.

In meiner jahrelangen Arbeit mit den Babys habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Baby bei allem, was ich ihm anbiete, es sich immer zuerst an der Mutter orientiert. Zu diesem Zeitpunkt fühlt es sich noch nicht als Individuum und muss noch lernen, wie seine Ausdrucksweise auf sein Umfeld wirkt, wie dieses damit umgeht und welche Interaktionen daraus entstehen. Das Ziel der Selbstwahrnehmung kann ich beim Baby nur über die Mutter anwenden.

Indem ich diese zarte Berührung angesprochen habe, wurde sich die Mutter gewahr, dass sie in Kontakt ist mit ihrem Kind. Dadurch, dass ich sie angeleitet habe, diese Begegnung zu erspüren, bekam sie Zugang zu einer differenzierteren Wahrnehmung ihrer Körpersprache und der Körpersprache ihres Babys. So konnten wir gemeinsam eine Ressource erarbeiten, wie sie zu Hause lernen kann, die Ausdrucksweise ihres Kindes zu verstehen und mit ihm zu kommunizieren. Das gibt der Mutter in ihrem Alltag ein Instrument, dem Baby im Körperkontakt mit ihr  seine Selbstregulation zu unterstützen.

So können sich in der Arbeit mit Babys die Prozessphasen Evaluieren, Bearbeiten, Integrieren, Transferieren in der Kernkompetenz „Begegnen“ zeigen.

Indem ich diese Schritte des Bearbeitens stark verlangsame, so dass das Baby in seinem Tempo daran teilhaben kann und beiden genug Zeit gebe, dieser neuen Erfahrung nachzuspüren, kann diese sich integrieren und mit jedem Mal mehr vertiefen. Gemeinsam mit der Mutter kann ich erarbeiten, wann und wo sie diese neue Ressource in ihren Alltag einbinden kann. Dieser Transfer in den Alltag gibt den beiden die Möglichkeit, diese neue Erfahrung noch mehr zu integrieren.

Während die Beiden ihre Begegnung auskosten dürfen, nehme ich mich wieder etwas zurück und spüre nach, was sich bei den Beiden aus meiner Wahrnehmung verändert hat. Es hat eine Selbstregulation stattgefunden, indem ich meinen Fokus auf das Gesunde im Menschen gerichtet habe.

Der Körper der Mutter erscheint mir mehr aufgerichtet, ihr Gesicht ist entspannter, ihre Augen strahlen. Arme und Beine des Babys liegen entspannt, seine Bewegungen sind ruhiger, seine Atmung ist regelmässig und es nimmt mit der Mutter immer wieder Blickkontakt auf.

 



Ich nehme einen bewussten Atemzug und teile den beiden meine Wahrnehmungen mit. Die Mutter schaut mich an und bestätigt mir, dass sie es auch so erlebt. Das Baby nimmt zum ersten Mal in dieser Begegnung einen kurzen Blickkontakt mit mir auf. Dadurch, dass ich meine Wahrnehmung der Mutter mitgeteilt habe und ich diese sowohl von ihr wie vom Baby bestätigt bekommen habe, festige ich nochmals das Vertrauen der Mutter in ihre Selbstwahrnehmung. Ausserdem geschieht eine Stärkung ihrer Selbstermächtigung im Umgang mit dem Baby. Sie lernt zu verstehen, auf welche Weise sie und ihr Baby miteinander kommunizieren können.

Nachdem sich bei beiden, diese neue Erfahrung integriert und gesetzt hat, frage ich die Mutter, wo in ihrem Alltag die Möglichkeit besteht, diese soeben erlebte Wahrnehmung bei sich und dem Baby erneut zu erfahren.Dabei unterstütze ich die Mutter darin, selbst zu gestalten, wie sie diesen Transfer in den Alltag umsetzen kann. Will sie diese Begegnungen zwischen ihr und dem Baby bewusst mit Zeitfenstern in ihren Alltag einbauen? Hat sie das Vertrauen, dass sie diese Art der Kommunikation zwischen ihr und dem Baby dann erkennt, wenn diese spontan geschieht und dass sie diese dann auch geniessen kann? Damit stärke ich ihre Selbstwahrnehmung und ihr Kohärenzgefühl.

Nun biete ich der Mutter an, dass sie es sich bequem machen darf mit dem Baby, bevor wir uns der Befunderhebung zuwenden. Ich zeige ihr die verschiedenen Möglichkeiten auf, wie sie sich mit ihrem Baby einrichten kann. Die Mutter entscheidet, dass sie sich auf einen Stuhl setzen möchte und das Baby im Arm halten will.

Hier beginnt, wie oben beschrieben, eine weitere Phase des gemeinsamen Ankommens bis wir bereit sind, dass ich mit der eigentlichen Craniosacral Behandlung anfangen kann. Hier geschieht die Begegnung über den Körperkontakt. Auch hier evaluiere ich zuerst ob die Berührung bei der Mutter oder beim Baby angezeigt ist. Wenn ich wahrnehme, dass das Baby nicht für den direkten Körperkontakt bereit ist, arbeite ich über die Mutter und gebe dem Baby somit die Möglichkeit über den Körperkontakt zur Mutter eine Selbstregulierung zu erfahren. Da sich das Baby an der Mutter orientiert und lernt sich über den Körper der Mutter zu regulieren, ist es durchaus möglich das Baby zu behandeln indem ich über die Mutter arbeite und sie in ihrer Selbstwahrnehmung unterstütze und somit für den Regulierungsprozess stärke.

Im Laufe meiner Praxistätigkeit habe ich immer wieder erfahren, dass eine gemeinsame Kommunikation auf verbaler, sowie auf non-verbaler Ebene die Grundlage für das Entstehen einer Vertrauensbasis im therapeutischen Prozess bildet.

In der Arbeit mit Babys zeigt es sich, welch wichtige Rolle die Mutter im Therapieverlauf des Kindes spielt. Die Art und Weise, wie wir die Begegnung gestalten können, trägt dazu bei, wie der Erfolg der Therapie sein wird.

Dabei ist es besonders wichtig, dass wir uns auf die nonverbale Kommunikation des Babys einlassen und die Mutter einen Zugang zur Ausdrucksweise ihres Babys bekommt. So wird das Baby in seinem Alltag von seiner Umgebung verstanden und es fühlt sich wahrgenommen. Es lernt, wie es als Individuum auf seine Umwelt wirkt, wie es diese mitgestalten kann und wie es darin eigebettet wird.

So kann es lernen eine Selbstwahrnehmungsfähigkeit zu entwickeln und im entspannten Körperkontakt mit der Mutter erfährt es, dass sein Körper die Fähigkeit hat, sich selbst zu regulieren.

Fazit: da ich in meiner Praxis eine jahrelange Erfahrung mit Babys habe, gelingt es mir jeweils sehr rasch, ihre Ausdrucksweise zu verstehen. Die Herausforderung für mich besteht vielmehr darin, den Müttern einen Zugang zu dieser Art der Kommunikation zu ermöglichen. Da ist es für mich wichtig, darauf zu achten, dass ich die Grenzen der Mütter erkenne, weil diese Kommunikation für sie neu ist. Die Begegnung mit diesen Grenzen ist für mich jedes Mal Herausforderung und Faszination zugleich.


Dieses Beispiel zeigt sehr gut auf, wie mit einer ruhigen, achtsamen und im Tempo angepassten Begegnung bereits eine Veränderung der gegenseitigen Wahrnehmung entsteht und daraus eine Selbstregulierung eingeleitet wird. Nur so können wir mit der Art und Weise wie das Baby kommuniziert in Verbindung kommen und seine Bedürfnisse in die Arbeit mit einbeziehen. Hier geschieht der Kontakt mit den verschiedenen Ausdrucksweisen: nonverbal mit dem Baby, verbal mit der Mutter und mit den fachlichen Aspekten der Therapeutin welche auf eine gemeinsame Basis gebracht werden müssen. Diese Basis ermöglicht dem Baby sich auf seine Art vertrauensvoll auf die Therapie einzulassen.

In der Arbeit mit Babys werden die Ziele der KomplementärTherapie nicht immer direkt am Klient (Baby) angewandt, sondern teilweise über dessen Bezugsperson die Mutter. Sie ist bei jeder Behandlung dabei und bildet die wichtigste Ressource für ihr Baby. Am Körper der Mutter lernt das Baby sich zu regulieren und indem ich die Mutter darin unterstütze ihre Selbstwahrnehmung für diese Regulierungsprozesse zu stärken, ist es ihr möglich diese im Alltag zu erkennen und geschehen zu lassen.

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